Kurz vorm Renteneintritt und mein Arbeitgeber geht jetzt in Insolvenz .

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Das ist eine schwierige Situation für alle Beteiligten in einem solch zugrunde liegenden Fall. Vor einem solchen Hintergrund kam es zu einem wichtigen Urteil vor dem Bundesarbeitsgericht.

Folgender Hintergrund der Auseinandersetzung.

Die Klägerin in diesen Fall war schon seit 1972 durchgehend bei ihrer Arbeitgeberin beschäftigt. Mit einem Schreiben vom 27.März 2020 kündigte ihr der von der Arbeitnehmerin beklagte Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis zum 30. Junis 2020. Die Arbeitnehmerin hält die Kündigung für unwirksam.

Der Insolvenzverwalter vertritt die Ansicht, dass die Klägerin in ihrer Vergleichsgruppe einzuordnen sei – und das auch in Bezug auf den von ihr wiederum benannten, 1986 geborenen und seit 2012 beschäftigten Kollegen und damit am wenigsten sozial schutzwürdig.Auch habe sie als einzige die Möglichkeit, ab 1. 12.2020 zeitnah im Anschluss eine Altersrente für besonders langjährige Beschäftigte (§§ 38, 236 b SGB VI) zu beziehen. Auch nach erneuten Verhandlungen mit dem Betriebsrat blieb der Insolvenzverwalter bei seiner Entscheidung.

Das zuerst angerufene Amtsgericht hatte der Kündigung zugestimmt!

BAG – Bundesarbeitsgericht:

Hier sah es dann doch etwas anders aus in der Beurteilung der Angelegenheit, denn die Revision des beklagten Insolvenzverwalters hatte nur in Teilen den gewünschten Erfolg gehabt. Der Senat des BAG befand die erst erfolgte Kündigung vom 27.03.2020 genauso wie die Vorinstanzen auch für unwirksam.

Jedoch durften nach Ansicht des BAG die Betriebsparteien die Rentennähe der Klägerin bei der Sozialauswahl in Bezug auf das Kriterium des Lebensalter berücksichtigen.st doch der Sinn und Zweck der Sozialauswahl es, dass unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Auswahlkriterien gegenüber demjenigen Arbeitnehmer eine Kündigung zu erklären , der sozial am wenigsten schutzbedürftig ist.

Das Auswahlkriterium des Lebensalters ist dabei ambivalent. Es nimmt zwar die soziale Schutzbedürftigkeit zunächst mit dem steigenden Lebensalter zu, weil nun lebensältere Arbeitnehmer nach wie vor typischerweise real schlechtere

Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Sie fällt aber wieder ab aus Sicht des BAG, wenn der Arbeitnehmer entweder spätestens dann innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Einkommen also Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente wegen erreichen des Alters – mit der Altersrente für Schwerbehinderte ( §§ 37 , 23,  236 SGB VI ) - verfügen kann oder über eine solche bereits verfügt, weil er schon eine abschlagsfreie Rente bezieht!

Diese Umstände könne sowohl die Arbeitgeber sowie die Betriebsparteien bei dem Auswahlkriterium des Lebensalter zum Nachteil des Arbeitnehmers berücksichtigen.

Somit billigt man ihnen nach § 1 Abs. 3 KschG.  § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO eine Wertungsspielraum zu.

Jedoch dürfen andere Auswahlkriterien nicht außer Acht gelassen werden.

Die in diesem Streitfall ausgesprochene Kündigung der klagenden Arbeitnehmerin war dennoch unwirksam, weil die Auswahl der Klägerin wegen ihrer Rentennähe unter Außerachtlassung der anderen geltenden Auswahlkriterien wie Betriebszugehörigkeit und Unterhaltungspflichten erfolgt war und deshalb als grob fehlerhaft zu werten gewesen ist. Im Hinblick auf die vorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 29. Juni 2020 hatte die Revision des beklagten Insolvenzverwalters demgegenüber aber Erfolg. Diese ausgesprochene Kündigung blieb wirksam!

Quelle: Bundesarbeitsgericht , Urteil vom 08.12.2022

                                                  6 AZR  31/22 -

Euch zeigt dieser Fall wieder einmal auf wie wichtig es ist das unsere Vertreter der Fachgewerkschaft - GTL in einem solchen Umfeld zur Seite stehen können.

Kommt stets gut wieder gut Heim eure zuverlässige GTL

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