Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AwbG)

von Ralf Vüllings (Kommentare: 0)

  1. Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und
    politischen Weiterbildung.
    § 1 Grundsätze
    1. Arbeitnehmerweiterbildung erfolgt über die Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der
    beruflichen und politischen Weiterbildung in anerkannten Bildungsveranstaltungen bei
    Fortzahlung des Arbeitsentgeltes.
    2. Arbeitnehmerweiterbildung dient der beruflichen und der politischen Weiterbildung sowie
    deren Verbindung.
    Berufliche Arbeitnehmerweiterbildung fördert die berufsbezogene Handlungskompetenz
    der Beschäftigten und verbessert deren berufliche Mobilität. Sie ist nicht auf die bisher
    ausgeübte berufliche Tätigkeit beschränkt. Bildungsinhalte, die sich nicht unmittelbar auf
    eine berufliche Tätigkeit beziehen, sind ausgeschlossen, wenn sie in der beruflichen
    Tätigkeit zumindest zu einem mittelbar wirkenden Vorteil des Arbeitgebers verwendet
    werden können.
    3. Politische Arbeitnehmerweiterbildung verbessert das Verständnis der Beschäftigten für
    gesellschaftliche , soziale und politische Zusammenhänge und fördert damit die in einem
    demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat,
    Gesellschaft und Beruf.
    § 2 Anspruchsberechtigte
    Anspruchsberechtigte nach diesem Gesetz sind Arbeiter und Angestellte, deren
    Beschäftigungsverhältnisse ihren Schwerpunkt in Nordrhein – Westfalen haben (Arbeitnehmer).
    Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten sowie ihnen Gleichgestellte und
    andere Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche
    Person anzusehen sind.
    § 3 Anspruch auf Arbeitnehmerweiterbildung
    Dazu 1. Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Arbeitnehmerweiterbildung von fünf
    Arbeitstagen im Kalenderjahr. Der Anspruch von zwei Kalenderjahren kann zusammengefasst
    werden.
    Dazu 2. Wird regelmäßig an mehr oder weniger als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, so
    erhöht oder verringert sich der Anspruch entsprechend.
    Dazu 3. Ein Arbeitnehmer erwirbt den Anspruch nach sechsmonatigem Bestehen seines
    Beschäftigungsverhältnisses.
    Dazu 4. Ist dem Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres die ihm zustehende
    Arbeitnehmerweiterbildung unter Berufung auf § 5 Abs. 2 abgelehnt worden, so ist der
    Anspruch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einmalig auf das folgende Kalenderjahr zu
    übertragen.
    Dazu 5. Erkrankt ein Arbeitnehmer während der Arbeitnehmerweiterbildung, so werden die
    durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf die
    Arbeitnehmerweiterbildung nicht angerechnet.
    Dazu 6. Der Anspruch besteht nicht, soweit der Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr
    Arbeitnehmerweiterbildung in einem früheren Beschäftigungsverhältnis wahrgenommen hat.
    Dazu 7. Für Arbeitnehmer in einem Betrieb oder eine Dienststelle mit bis zu 50 Beschäftigten
    entfällt der Freistellungsanspruch für das laufende Kalenderjahr, wenn bereits 10 v.H. Der
    Beschäftigten im laufenden Kalenderjahr freigestellt worden sind. Für Arbeitnehmer in einem
    Betrieb oder einer Dienststelle mit weniger als zehn Beschäftigten besteht kein
    Freistellungsanspruch.
    § 4 Verhältnis zu anderen Ansprüchen
    Dazu 1. Freistellungen zur Teilnahme an Bildungsveranstaltungen, die auf anderen
    Rechtsvorschriften , tarifvertraglichen Vereinbarungen, betrieblichen Vereinbarungen oder
    Einzelverträgen beruhen, können auf den Anspruch nach diesem Gesetz angerechnet werden,
    soweit sie dem Arbeitnehmer uneingeschränkt das Erreichen der in § 1 niedergelegten Ziele
    ermöglichen und die Anrechenbarkeit vorgesehen ist.
    Dazu 2 (neu) Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes
    für die Teilnahme an einer betrieblichen oder dienstlich veranlassten Bildungsveranstaltung frei,
    kann er davon bis zu zwei Tage im Kalenderjahr auf den Freistellungsanspruch von fünf Tagen
    im Kalenderjahr anrechnen. Der Arbeitgeber hat die Anrechnung dem Arbeitnehmer mindestens
    6 Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung schriftlich mitzuteilen.
    § 5 Verfahren
    Dazu 1. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Inanspruchnahme und den Zeitraum der
    Arbeitnehmerweiterbildung so frühzeitig wie möglich, mindestens sechs Wochen vor Beginn
    der Bildungsveranstaltung schriftlich mitzuteilen.
    (Neu) Der Mitteilung sind die Unterlagen über die Bildungsveranstaltung beizufügen; dazu
    gehören der Nachweis über die Anerkennung der Bildungsveranstaltung sowie das Programm ,
    aus dem sich die Zielgruppe, Lernziele und Lerninhalte sowie der zeitliche Ablauf der
    Veranstaltung ergeben.
    Dazu 2. Der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmerweiterbildung zu dem vom Arbeitnehmer
    mitgeteilten Zeitpunkt nur ablehnen, wenn zwingende betriebliche oder dienstliche Belange
    oder Urlaubsanträge anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
    Die Mitbestimmungsrechte der Betriebs und Personalräte bleiben unberührt.
    Dazu 3. Verweigert der Arbeitgeber die Freistellung , so hat er dies unter Angabe der Gründe
    dem Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dessen Mitteilung schriftlich mitzuteilen.
    Teilt der Arbeitgeber die Verweigerung der Freistellung nicht innerhalb dieser Frist unter
    Angabe der Gründe schriftlich mit, so gilt die Freistellung als erstellt.
    Dazu 4. Verweigert der Arbeitgeber die Freistellung aus anderen Gründen als aus denen des
    Absatzes 2, so kann der Arbeitnehmer ihm binnen einer Woche seit Mitteilung der
    Verweigerung schriftlich mitteilen, er werde gleichwohl an der Bildungsveranstaltung
    teilnehmen; in diesem Fall darf er an der Veranstaltung auch ohne Freistellung teilnehmen.
    Satz 1 gilt nicht wenn der Arbeitgeber eine gerichtliche Entscheidung erwirkt, die der Teilnahme
    an der Veranstaltung entgegensteht.
    Hat der Arbeitgeber die Freistellung zu Unrecht verweigert, so hat der Arbeitnehmer Anspruch
    auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes gemäß § 7. Ein Anspruch des Arbeitgebers auf
    Schadensersatz besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer von seinem Recht nach Satz 1 Gebrauch
    macht.
    Dazu 5. Arbeitnehmerweiterbildung kann nur für anerkannte Bildungsveranstaltungen in
    Anspruch genommen werden, die in der Regel an mindestens drei aufeinander folgenden Tagen
    stattfinden. Innerhalb zusammenhängender Wochen kann Arbeitnehmerweiterbildung auch für
    jeweils einen Tag in der Woche in Anspruch genommen werden, sofern bei der
    Bildungsveranstaltung inhaltliche und organisatorische Kontinuität gegeben ist.
    Dazu 6. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Teilnahme an der
    Arbeitnehmerweiterbildung nachzuweisen. Die für den Nachweis erforderliche Bescheinigung
    ist vom Träger der Bildungsveranstaltung kostenlos auszustellen.
    Dazu 7. Für Betriebe mit weniger als 50 Arbeitnehmer kann durch Tarifvertrag vereinbart
    werden, die Freistellungsverpflichtung gemeinsam zu erfüllen und einen finanziellen und
    personellen Ausgleich vorzunehmen.
    Dazu 8. Kommt ein Tarifvertrag im Sinne von Absatz 5 nicht zustande, können sich die
    beteiligten Arbeitgeber auf eine solche Regelung einigen.
    § 6 Verbot der Erwerbstätigkeit
    Während der Arbeitnehmerweiterbildung darf der Arbeitnehmer keine dem Zweck der
    Arbeitnehmerweiterbildung zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit ausüben.
    § 8 Benachteiligungsverbot
    Dazu 1. Von den vorstehenden Bestimmungen darf nicht zuungunsten des Arbeitnehmers
    abgewichen werden.
    Dazu 2. Der Arbeitnehmer darf wegen der Inanspruchnahme der Arbeitnehmerweiterbildung
    nicht benachteiligt werden
    § 9. Anerkannte Bildungsveranstaltungen
    Dazu 1. Bildungsveranstaltungen gelten als anerkannt, wenn sie § 1 Absatz 2 bis 4 entsprechen
    und von Volkshochschulen oder nach dem Weiterbildungsgesetz anerkannten Einrichtungen
    gemäß den Bestimmungen des Weiterbildungsgesetzes durchgeführt werden und nicht der
    Gewinnerzielung oder überwiegend einzelbetrieblichen oder dienstlichen Zwecken dienen.
    Dazu 2. Von der Anerkennung ausgeschlossen sind Veranstaltungen, die
    (1) der Erholung, der Unterhaltung, der privaten Haushaltsführung, der Körper und
    Gesundheitspflege, der sportlichen, künstlerischen oder kunsthandwerklichen Betätigung oder
    der Vermittlung entsprechender Kenntnisse oder Fertigkeiten dienen,
    (2) auf das Einüben psychologischer oder ähnlicher Fertigkeiten gerichtet sind oder
    (3) auf den Erwerb von Fahrerlaubnissen oder ähnlichen Berechtigungen vorbereitet.
    Von der Anerkennung ausgeschlossen sind außerdem
    Dazu 1. Studienreisen
    Dazu 2. Veranstaltungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie nicht in den an
    Nordrhein- Westfalen unmittelbar angrenzenden Nachbarländern oder am Sitz des Europäischen
    Parlamentes stattfinden oder am Ort von Gedenkstätten oder an Gedächtnisorten der
    Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus dienen.
    Bildungsurlaubsinformationen anderer Bundesländer findet ihr im Internet

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